Was hat der NATO-Raketenschild in Europa mit Verteidigung zu tun?
Wir stellen unseren Politikern und Behörden nun schon sehr lange zwei Kernfragen:
1.Was haben hiesige US-Übungen mit Verteidigung zu tun?
2.Was hat der NATO-Raketenschild in Europa mit Verteidigung zu tun?
Fast jedem ist bekannt, dass die USA mitnichten nur an NATO-Kriegen teilnehmen, sondern auch auf eigene Faust losschlagen. Das nennt sich Angriffskrieg und ist von deutschem Boden aus verboten. Sie selbst machen keinen Hehl daraus, dass sie dafür hier bei uns üben – wie auch heute während der Mittagsruhe. Auf diese Fragen ernten wir nur allgemeines Gewiesel wie gebetsmühlenartige Wiederholungen, dass diese Flüge wichtig seien. Selbst die Landespolitik beginnt sämtliche Stellungnahmen damit, den hier konzentrierten Lärm zu rechtfertigen und zu verteidigen, als ginge es um ihre Altersversorgung.
Es ist erschreckend, wie der Militarismus trotz aller negativen Erfahrungen unseres Landes nicht nur nicht ausstirbt sondern auf unsere Kosten (Geld, Gesundheit und Lebensqualität) neu auflebt. Die Bundesluftwaffe steigert ihre jährlichen Flugstunden um Tausende, jede davon kostet zwischen 40.000 und 80.000 €. Was andere Bundesländer wegklagen, z.B. das Bombodrom in der Neuruppiner Heide und das Bombodrom in Siegenburg, nistet sich bei uns ein. Klammheimlich hat das Militär hier zwei Luftübungsräume (TRA LAUTER und POLYGONE) und das Bombodrom in Baumholder über unsere Köpfe hinweg eingerichtet und in Betrieb genommen. Offenbar findet es hier eine ganz besondere Kombination von militaristisch gesinnten Politikern (oft langjährige Soldaten) und naiven, gutgläubigen Bürgern, denen es so lange Nebelkerzen hinwirft, bis Tatsachen geschaffen sind. Danach belügen Soldaten die Bürger weiter und tun so, als ob es sich um nichtumkehrbare Vorgänge und unkündbare, multinationale Verträge handeln würde. So geht das seit Jahrzehnten, und es wird so weitergehen, bis sie Lebensqualität und Tourismus ganz kaputtgemacht haben. Verantwortlich sind sie nicht. Den Begriff Verantwortung kennen sie nur so weit, als dass er sich immer nur auf andere bezieht.
Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Inbetriebnahme des US-Raketenschirms in Rumänien als Gefährdung der weltweiten Sicherheit kritisiert. Damit seien die USA einen Schritt in Richtung Wettrüsten gegangen: „Das ist kein Verteidigungssystem“, sagte das Staatsoberhaupt.
Der Raketenschild sei Teil der US-Nuklear-Strategie. „Das sind offensichtlich erste Schritte der USA, das strategische Gleichgewicht der Kräfte zu stören“, sagte Putin laut Itar Tass.
Putin erklärte, Russland werde sich nicht in den Rüstungswettlauf hineinziehen lassen. Allerdings sehe man sich gezwungen, die aufkommenden Bedrohungen zu neutralisieren. Daher würden Armee und Marine mit den notwendigen Mitteln ausgestattet, um das strategische Gleichgewicht der Kräfte aufrecht zu erhalten. „Das ist die verlässlichste Garantie, dass es nicht zu einem großen militärischen Konflikt kommt.“
Der stellvertretende US-Außenminister Frank Rose wiederholte das US-Mantra: Der Raketenschild sei nicht gegen Russland gerichtet. Hauptbedrohung sei weiterhin der Iran, obwohl sich das Verhältnis zwischen dem Westen und Teheran seit Abschluss des Atomabkommens im vergangenen Jahr deutlich entspannt habe. »Iran entwickelt, testet und stationiert weiterhin das ganze Sortiment von Kurz- und Mittelstreckenraketen«, sagte der US-Spitzendiplomat vor der Einweihungszeremonie in der rumänischen Hauptstadt Bukarest. Die iranischen Raketen könnten auch das europäische Bündnisgebiet der NATO erreichen.
Ebenfalls nicht beachtet von den Mainstreammedien lehnte Washington am 12. April die Garantie dafür ab, dass sein umstrittener Raketenschild in Europa nicht gegen Russland gerichtet sein wird. „Weder die USA noch die NATO werden Russland rechtsverbindliche Garantien geben“, sagte Frank Rose vor einem Monat in London. »Das, worum Russland bittet, würde unsere Kapazitäten, auf atomare Bedrohungen zu reagieren, deutlich beschneiden.« Das Abwehrsystem sei umso nötiger, weil Nordkorea und der Iran mehrmals Raketen getestet hätten.
Die Folgen der gegenwärtigen Eskalation der Raketenabwehr in Europa wurden schon im April 2006 in der Zeitschrift Foreign Affairs beleuchtet: Die Raketenabwehr, schreibt das vom Council on Foreign Relations herausgegebene Blatt, wäre in erster Linie offensiv von Bedeutung, nicht defensiv. »Würden die Vereinigten Staaten einen atomaren Angriff auf Russland richten, bliebe dem ins Visier genommenen Land nur ein winziges Arsenal übrig – wenn überhaupt. Dann könnte schon eine relativ bescheidene oder ineffiziente Raketenabwehr ausreichen, sich vor einem Vergeltungsschlag zu schützen …«
Die USA seien mit dem Raketenabwehrsystem in der Lage, etwa 99 Prozent der russischen Atomraketen im Erstschlag zu zerstören. Das eine Prozent der verbliebenen russischen Raketen, die Moskau noch abfeuern könnte, würde durch den Raketenschild neutralisiert werden. Die Zeitschrift kommt zu dem Schluss: »Zum ersten Mal seit 50 Jahren stehen die Vereinigten Staaten heute an der Schwelle des atomaren Primats. Die Vereinigten Staaten werden womöglich schon bald in der Lage sein, mit einem Erstschlag das Langstreckenarsenal Russlands auszuschalten.«
Für die Nato ist der präventive atomare Erstschlag eine entscheidende Option (The Guardian, 22. Januar 2008 ):
Um die „unmittelbar“ drohende Verbreitung von atomaren und anderen Massenvernichtungswaffen zu stoppen, muss der Westen bereit sein, einen Präventiv-Angriff mit Nuklearwaffen zu führen. So steht es in dem radikalen Manifest für eine neue Nato, das fünf der einflussreichsten westlichen Militärbefehlshaber und Strategen vorgelegt haben. Die früheren Oberbefehlshaber aus den USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich und den Niederlanden fordern eine Reform der Nato von Grund auf, einen neuen Vertrag, der die USA, die Nato und die Europäische Union zu einer „Groß-Strategie“ zusammenführt, um den Anforderungen in einer immer brutaleren Welt zu begegnen. Die fünf Militärstrategen machen deutlich, dass die Optionen für einen „nukleare Erstschlag“ ein „unverzichtbares Instrument“ bleibt, „einfach weil es keine realistische Aussicht für eine Welt ohne Atomwaffen gibt.“ Auslöser für das Manifest waren Diskussionen mit aktiven Befehlshabern und Entscheidungsträgern, von denen viele unfähig oder nicht willens sind, ihre Ansichten öffentlich auszusprechen. Vor zehn Tagen wurde das Papier dem Verteidigungsministerium in Washington und dem Generalsekretär der Nato, Jaap de Hoop Scheffer, vorgelegt. Die darin enthaltenen Vorschläge werden wahrscheinlich auf dem Nato-Gipfel in Bukarest im April diskutiert.
„Es besteht unmittelbar die Gefahr, dass Nuklearwaffen weiter verbreitet werden, und mithin auch die Gefahr, dass der Einsatz solcher Waffen, wenn auch in beschränktem Umfang, möglich wird,“ erklären die Verfasser in ihrem 150 Seiten umfassenden Konzept für eine dringende Reform westlicher Militärstrategien und -strukturen. „Der Ersteinsatz von Nuklearwaffen muss im Arsenal der Eskalation das ultimative Instrument bleiben, um den Einsatz von Massenvernichtungswaffen zu verhindern.“
Die fünf Autoren sind:
- General John Shalikashvili, früher Vorsitzender der Stabschefs der US-Streitkräfte (chairman Joint Chiefs of Staff) und Oberkommandierender der Nato in Europa,
- Klaus Naumann, früher Deutschland höchster Offizier und Vorsitzender des Militärkomitees der Nato,
- General Henk van den Bremen, früherer niederländischer Oberkommandierender,
- Admiral Jacques Lanxade, früherer französischer Oberkommandierender, und
- Lord Inge, Feldmarschall und früherer Chef des britischen Generalstabs und des Verteidigungsstabs.
Sie zeichnen ein beunruhigendes Bild der Gefahren und Herausforderungen, denen der Westen in der Welt nach dem 9. September ausgesetzt ist. Seiner Fähigkeit, diesen Gefahren zu begegnen, erteilen sie ein vernichtendes Urteil. Die fünf Militärführer behaupten, Werte und Lebensformen des Westens seien bedroht , aber dieser Westen bringe kaum den Willen auf, sie zu verteidigen.
Die hauptsächlichen Gefahren sind:
- Politischer Fanatismus und religiöser Fundamentalismus,
- Die „dunkle“ Seite der Globalisierung, will sagen der internationale Terrorismus, das organisierte Verbrechen und die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen,
- Der Klimawandel und die Sicherheit der Energieversorgung, die zu einem Wettlauf um Ressourcen und zu einer möglichen „Umweltflucht“-Bewegung großen Stils führen,
- Die zunehmende Schwäche der Nationalstaaten wie auch der internationalen Organisationen wie Vereinten Nationen, Nato und EU.
Um die Vormachtstellung des Westens zu behaupten, fordern die Generäle einen Wandel in den Entscheidungsmechanismen der Nato, ein neues „Direktorium“ der Führungskräfte der USA, Europas und der Nato, das in Krisensituationen zu schnellem Handeln in der Lage ist. Sie fordern außerdem ein Ende der „Obstruktion“ und der Rivalität von Seiten der Europäischen Union gegenüber der Nato.
Die Euro-Krise ähnelt immer mehr der Kuba-Krise. Nur die Täter- und Opferrollen sind vertauscht!
[easy_ad_inject_1]
Quellen: t-online, News-Front, Fluglaerm und Ag-Friedensforschung